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Fackelschwimmen im zwei Grad kalten Lech - ein Erfahrungsbericht -

Es gibt ja bekanntlich mehr oder weniger sinnvolle Dinge, die sollte man mindestens einmal

erlebt haben. Dass das Fackelschwimmen im eisigen Wasser des Lechs mal für mich dazugehört,

hätte ich noch vor kurzem lächelnd und vehement verneint.

Mitte November, beim

 

Aktiventreffen der Buchloer Wasserwacht, übermannte mein Sprachorgan den Denkprozess

und ich sagte auf Anfrage spontan zu, dass ich gerne mal beim traditionellen Fackelschwimmen

am Neujahrstag teilnehmen würde. Ab da galt mein Wort und zu Silvester stieg

merklich die Anspannung bei fröstelnden Gedanken an das unweigerlich nahende Ereignis.

Am Neujahrsnachmittag startete die neunköpfige Truppe der Buchloer Wasserwacht nach

Füssen. Dort hieß es dann, rein in den Neoprenanzug und mit Kleintransportern zur „Einstiegsstelle“.

90 weitere Wasserwachtler und auch einige aktive Taucher erwarteten nun die

Dunkelheit und das Signal zum Einstieg. Derweil wurde die auf Surfbrettern fixierte riesige

2018 ausgerichtet und die Fackeln verteilt. Ich versuchte alle Übergangsstellen zwischen

Schuhen, Handschuhe, Kappe und Anzug bestmöglichst abzudichten - wohlwissend, dass

das Wasser eindringen würde. Ich schnappte noch auf, dass die Wassertemperatur um die

zwei Grad beträgt und versuchte diese Information zu verdrängen, was nicht gelang.

Dann ging es los. Der Untergrund war glitschig, aber ich kämpfte mich an der Seite und unter

wachendem Blick meiner erfahrenen Wasserwachtskollegin Sonja Singer tapfer Zentimeter

für Zentimenter vor. Einen Moment dachte ich noch, „Ach, ist ja gar nicht so kalt“ - bis das

Wasser eindrang. Sappalot! Bin ich wahnsinnig? Dann ertönten laute Böllerschüsse. Ich

zuckte zusammen und hatte schlagartig einen höheren Körperanteil als geplant unter Wasser.

Doch unerwartet gewöhnt man sich nach wenigen Minuten irgendwie an die Kälte. Was

ich hingegen unterschätzt hatte, ist die Strömung. Nach den Regenfällen und mit dem

Schmelzwasser zeigte sich der Lech prall gefüllt und äußerst lebhaft. Die Fackel tapfer in die

Höhe gestreckt, versuchte ich die ersten Meter noch Sonjas Rat zu befolgen, die Hände

möglichst trocken über Wasser zu lassen. Wie gesagt, die ersten Meter, dann war der Armeinsatz

für die gezielte Richtungskorrektur gegen die Strömung unerlässlich.

Kurz vor der Lech Brücke hielten wir an, um die zahlreichen Zuschauer im neuen Jahr zu

begrüßen. Nun ja, anhalten heisst hier, permanent unter der Wasseroberfläche gegen die

Strömung zu arbeiten um „stehen“ zu bleiben.

Nach wenigen Metern erfolgte der Ausstieg, begleitet von einem Feuerwerk. Tropfnass bahnten

wir uns den Weg zur Kinderpunschausgabe, begleitet von bewundernd zurufenden bis

bei unserem Anblick fröstelnd zitternden Zuschauern. Wir warteten nicht auf den Transporter

- ja, jetzt war uns richtig kalt - und legten die rund 1,2 Kilometer durch die belebte Altstadt zur

Eisporthalle zu Fuß zurück. „Schau mal, die sehen aber lustig aus“ rief eine Frau und ich

dachte mir, sie soll sich mal vorstellen, wie lustig es sich anfühlt. Dann erwartete uns eine

heisse Dusche, ohne die das Entkleiden auch schirr unmöglich zu sein schien. Ich hörte es

förmlich brizzeln und nahm mit Freude zur Kenntnis, dass ich nach einiger Zeit auch wieder

meine Zehen und Finger bewegen konnte. Na also, geht doch…

Nach einer kurzen stärkenden Zusammenkunft im Vereinsheim der Wasserwacht Füssen,

folgte eine sehr ruhige, wortkarge Heimfahrt. Wir waren erschöpft - das hörte man, bzw.

eben nicht. In Buchloe hiess es dann noch in den Abendstunden das Material fachgerecht

zur Trocknung zu deponieren. Das immer noch eisige Lechwasser rann aus den Schuhen in

die Wannen.

Wie sagte Marcus Kern, Technischer Leiter der Wasserwacht, doch gleich. „Die nächsten

360 Tage denkst Du, das war das letzte mal - nie wieder. Und wenn Dich dann jemand fragt,

bist Du wieder dabei.“ Schauen wir mal, wer weiss, wie meine Antwort in 359 Tagen lautet…

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Text: Nicole C. Becker

Bilder:  Nicole C. Becker, Erwin Fischer

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